Für viele Musiklehrer stellt sich diese Frage nur rhetorisch – denn auch wenn manche das nicht so genau realisieren, sind alle Lehrer die mit Honorarverträgen oder Freier-Mitarbeiter-Verträgen arbeiten, auch selbstständig. Das heißt:
- Du musst selbst Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zahlen.
- Du hast kein Anrecht auf „Lohnfortzahlung“ im Krankheitsfall
- Du musst Dir eine Haftpflichtversicherung und evtl. Berufsunfähigkeitsversicherung zulegen
Da diese ganzen finanziellen und existenziellen Aspekte nur in Ausnahmefällen in der Musikerausbildung enthalten sind, gibt es in diesem Bereich extrem viele Wissenslücken.
Vor allem scheinen viele Musiklehrer beim berechnen ihrer Stundenhonorare nicht die sämtliche Kosten zu bedenken, die unweigerlich auf sie zukommen. Viele wundern sich dann am Ende vom Jahr, „wo das ganze Geld“ auf einmal schon wieder hin ist.
Ich möchte hier daher einmal versuchen, etwas aufzuklären. Meine Ansicht ist folgende:
Wenn selbstständig, dann bitte richtig!
Das heißt auf eigene Verantwortung, auf eigene Rechnung und so, wie Du es selbst für richtig hälst.
Da schätzungsweise 75% der Musiklehrer eh auf selbstständiger Basis arbeiten, stellt sich eigentlich gar nicht die Frage ob Ja oder Nein. Es besteht im Prinzip gar keine Wahl, es sei denn Du hast eine Festanstellung, was heutzutage extrem selten ist. Solltest Du diese haben, überlege Dir SEHR GUT, ob Du sie aufgeben willst und rechne alles ganz genau durch. Nach meinen Berechnungen musst Du nämlich um als Selbstständiger z.B. 2000 Euro Netto zu verdienen einen sehr hohen Stundensatz haben. Höher als ihn die meisten Schüler bezahlen wollen. Wochenstunden wie z.B. die 35-Stunden-Wochen sind hier dann oft Wunschdenken. Also: rechnen!
Überlege Dir bei jeder Musikschule, bei der Du freiberuflich oder auf Honorarbasis unterrichtest, ob die Leistungen dieser Musikschulen im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Unterrichtsgebühr stehen. Um ein Beispiel zu nennen: Es gibt öffentliche Musikschulen, die Dir 21 Euro pro gehaltene Stunde (60min) zahlen. Um es einmal deutlich auszudrücken: Das ist eine bodenlose Frechheit. Von diesen 20 Euro musst Du noch Sozialabgaben, Versicherungen etc bezahlen, so dass davon höchstens 10-13 Euro, je nach Steuersatz, übrig bleiben. Dafür hast Du sicher nicht studiert oder Jahrelang geübt, oder? Eine Reinigungsfachkraft ohne Ausbildung, die – nun ja – „ohne Rechnung“ arbeitet, verdient das gleiche. Nur so als Zusatzinformation.
Ich möchte hier keinesfalls Musikschulen verteufeln. Obwohl ich mittlerweile nur noch komplett privat unterrichte, habe ich schon an einigen tollen Musikschulen gearbeitet – ausnahmslos Private.
Um es aber realistisch zu betrachten, kannst Du an Musikschulen nur ordentlich verdienen, wenn die Schule sehr großzügig zahlt oder Du Gruppenunterricht gibst. Dies auch nur, wenn Du für Gruppenunterricht fair bezahlt wirst (also pro Schüler und nicht pro Stunde). Die pro-Stunde Bezahlung ist vor allem an öffentlichen Musikschulen üblich. Du kannst Dir hier oft nichtmal aussuchen, ob Du Gruppenunterricht gibts oder nicht. Und 3er Gruppen für den gleichen Stundenlohn zu unterrichten wie Einzelschüler, ist nicht ok. Eine Gruppe zu unterrichten ist zum einen wesentlich anstrengender und erfordert – wenn Du es ernst nimmst – viel mehr Vorbereitung. Überlege Dir also gut, ob Du für so eine Schule arbeiten möchtest.
Leider muss ich anmerken, dass es immer weniger Sinn macht, für öffentliche Musikschule zu arbeiten. Die Zeiten von BAT-Stellen, die früher einem studierten Musiklehrer ein gutes Auskommen ermöglicht haben, sind vorbei. Es gibt vermehrt Honorarverträge, die zudem oft zeitlich beschränkt sind. Obwohl die öffentlichen Musikschulen staatlich bezuschusst sind, zahlen sie also die Lehrer schlecht und verschwenden sowohl die Schülerhonorare wie auch die Zuschüsse mit unnötigen Verwaltungskosten. Und das, obwohl die meisten dieser Schulen lange Wartelisten haben. Hier ist dringend eine Reform nötig – meine persönliche Meinung.
Für Dich bedeutet das: Denke lieber über komplette Selbstständigkeit nach, bevor Du einen Honorarvertrag unterschreibst!
Um Dir Deine Unterrichtsgebühr auszurechnen, solltest Du folgende Faktoren berücksichtigen:
- Anzahl der Schüler x Einnahmen (ergibt Dein Monatliches Brutto-Einkommen)
- Anzahl der gleisteten Stunden incl. Vorbereitung -> ergibt Deinen Brutto-Stundenlohn
- Solzialabgaben abziehen
- Diverse andere Versicherungen abziehen
- Steuern abziehen
Daraus ergibt sich dann ungefähr Dein Netto-Einkommen. Solltest Du 5 Tage in der Woche 14:00 bis 20:00 unterrichten und diese Zahl unter 2000 liegen, mache Dir bitte mal Gedanken. Zuzüglich der Vorbereitung, Organsiation etc. liegst damit nämlich deutlich über der 35-Stunden Woche.
Was sind die Alternativen?
Nun, wenn Du komplett privat unterrichtest, kannst Du auch das komplette Geld behalten. Das musst Du natürlich mit der Raummiete, falls nötig, gegenrechnen. Hier kann sich eine fair zahlende Musikschule wieder lohnen. Aber wie schon gesagt, Du solltest es Dir ausrechnen. An jeder Musikschule verdient immer jemand mit – und meistens mehr als Du.
Solltest Du Zuhause unterrichten wollen, ist es extrem wichtig, den Vermieter um Erlaubnis zu fragen. Offiziell ist eine gewerbliche Nutzung in einer Privatwohnung nicht zulässig.
Ein getrennter Unterrichtsraum ist also in vielen Fällen notwendig – oftmals kannst Du einen angemieteten Proberaum, die es in allen großen Städten gibt, sehr gut dazu verwenden. Vielleicht vorher noch etwas renovieren, je nach Zustand, wäre eine gute Idee 🙂 Du kannst sogar soweit gehen, den Raum an den Tagen, wo Du ihn nicht brauchst, an einen anderen Lehrer zu vermieten – oder Dir mit einem Lehrer einen Raum zu teilen.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es eine tolle Sache ist, komplett privat und auf eigene Rechnung zu arbeiten. Wenn Du also bereit für eine Herausforderung bist und Dir vorstellen kannst, alles alleine zu Regeln, kann ich es Dir nur empfehlen!
Viel Erfolg dabei 🙂
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